« Ikonen der Selbstverwirklichung »
Sie sind ohne Zweifel absolute Kultschuhe – wenngleich jeder Träger seine ganz eigene Interpretation der geschichtsträchtigen Dr. Martens Stiefel mitbringt. Die mittlerweile über ein halbes Jahrhundert alten Boots stehen wie kaum anderes Modestück für rebellische Freiheit – und diese hat mindestens so viele Gesichter, wie es unterschiedliche Designs der Schnürschuhe gibt.
Vom bewährten Arbeitsschuh zum Symbol revolutionären Umbruchs
Wie so manch passionierte Revoluzzer erlebten auch die Dr. Martens Schuhe in den 1960er ihren großen Höhepunkt. Am 1. April 1960 wurde der charismatische Klassiker geboren: der 1460 8-Loch Stiefel. Das unverwechselbare Modell repräsentiert noch heute „den“ Doc Martens schlechthin, selbst wenn sich seitdem einiges verändert hat. Aber auch der mittlerweile mehr als 55 Jahre zurückliegenden Geburt der Kultschuhe ging bereits eine bewegte Geschichte voraus, die in der Tat bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurückreicht! Damals waren sie als robuste Arbeitsstiefel bekannt und wurden hauptsächlich für ihre zweckmäßigen Eigenschaften geschätzt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg führte ein gebrochener Fuß zur Erfindung der legendären Luftpolstersohle. Der Münchner Ex-Soldat Dr. Klaus Maertens entwickelte zusammen mit seinem Studienfreund, dem Ingenieur Dr. Herbert Funk, die einzigartigen, mit Luftkissen unterlegten Fußbetten. In Zeiten steinharter Ledersohlen boten diese federnden Dämpfer eine wahre Offenbarung, und zwar nicht nur für die Füße ehemaliger Soldaten. Die erste Produktion hatte prompten Erfolg – vor allem bei älteren Damen.
Bald wurde jedoch das mittlerweile in dritter Generation bestehende Griggs-Unternehmen aus England auf die kleine deutsche Sensation aufmerksam und erwarb die Lizenz. Es folgten einige entscheidende Modifikationen, die den Arbeiterstiefel mit den innovativen Sohlen verschmolzen und die Stiefel bis heute prägen: Dazu gehört die auffällige gelbe Rahmennaht an einem ansonsten schlicht gehaltenen Oberschuh. Zudem erhielten die Modelle das Logo „Airwair“ sowie ihre typisch schwarz-gelbe Fersenschlaufe, die den Markennamen und den Slogan „with bouncing soles“ trägt.
Das Leben feiern – mit Doc Martens
Seitdem hinterließen zahlreiche kulturelle Strömungen ihre Spuren in der Geschichte – und auf dem Markenbild der kultigen Schuhe. Diese wurden zu Begleitern drastischer Veränderungen und traten in die Fußstapfen des revolutionären Umbruchs ihres Geburtsjahrzehntes. So waren sie in den ersten Dekaden Zeichen einer radikalen Erneuerungsstimmung und gingen häufig mit einem entsprechend extravaganten Modestil einher. Von den Anhängern der 69er wurden Doc Martens von Herren wie Damen ebenso getragen wie später von Gothics, Punks und auch Skins – und damit von völlig gegensätzlichen Strömungen. Lange Zeit blieben die Charakterschuhe vor allem leidenschaftliche Statements der Jugendkultur.
Häufig stellten die Schuhe heraus, was entgegengesetzte Geisteshaltungen unterschwellig verband: In den 1990er Jahren rechnete der sogenannte Grunge – in Doc Martens – mit allem ab, was nach Mainstream klang oder aussah. Gegen diese Verdrossenheit wandte sich wiederum der Britpop und verkörperte alles, was den „Grunge Kids“ verhasst war – allerdings ebenfalls in Doc Martens!
Untergrund oder Überflieger?
Das Markenbild wuchs mit dem Wandel. Das Besondere in der Philosophie der Docs bleibt daher, dass sie sich – wie ihre passionierten Träger auch – von niemandem in den Schatten stellen lassen wollen. Obwohl verschiedene soziale und kulturelle Gruppen die Boots mit Überzeugung trugen, wurden die Dr. Martens nie zum Symbol einer einzigen Strömung. Vielmehr ist da die ganz eigene Geisteshaltung vom Kampf gegen Grenzen der persönlichen Freiheit. So symbolisieren die kultigen Schnürschuhe die vielfältige Form von Individualität und mutiger Selbstverwirklichung.
Passend dazu wurden sie in der jüngeren Vergangenheit vor allem als Überlebensretter bei ausgedehnten Konzerten als unverwüstliche Festival-Schuhe beliebt. Das überrascht nicht, da die Stiefel seit jeher von den Stars unterschiedlichster Musikstile zu Kultobjekten stilisiert wurden. Vor allem feiert die Festival-Kultur jedoch das Leben selbst als größte Freiheit. Was könnte dazu besser passen, als die Kultschuhe, wenn es darum geht, das eigene Sein – vielleicht einfach auch Anderssein – zu zelebrieren.
Docs: die 8-Loch Boots und ihre Nachkommen
Geprägt durch seinen energischen Look strahlt der klassische Docs 8-Loch Stiefel kraftvolle Entschlossenheit aus. Diese vereint sich mit dem schnörkellosen unifarbenen Leder des Oberschuhs zu einem universell tragbaren Boot, den es auch in Übergrößen gibt.
Die charakteristischen Merkmale fehlen natürlich auch den neusten Ausführungen in Übergrößen nicht: sei es die robuste Struktursohle mit ihrem markanten Farbverlauf, die gelbe Naht oder die typische Fersenschlaufe mit dem Markenlogo.
Neben den schwarzen Originalen gehört auch ein dunkles Bordeaux zu den besonders bekannten Ausführungen der Kultmodelle Dr. Martens Pascal. Den dritten Evergreen stellen braune Doc Schuhe dar.
Über die Jahre hinweg wurden die Schnürer in allen erdenklichen Farben kreiert, besonders beliebt sind bei Damen jedoch nach wie vor Dr. Martens mit Blumenmustern. Als kleiner Bruder des knöchelhohen Boots stellt der 3-Loch Schnürer die elegante Variante dar. Er harmoniert vorzüglich mit dem angesagten Dandy-Trend und erweist sich zudem als absolut businesstauglich für Sie und Ihn.
Der Street Style Look in Perfektion
Wer die Boots noch von ihren Anfängen als exotische Revoluzzer-Schuhe kennt, hätte sich wahrscheinlich nie träumen lassen, die markanten Stiefel einmal in trauter Zweisamkeit mit dem edlen Business-Anzug zu erblicken. Aber tatsächlich „gehen“ die Kultschuhe damit mittlerweile ebenso vorzüglich wie zum alternativen Street Style Look. Der Grund dafür könnte in der Vorliebe für Brüche liegen, der die Mode Saison für Saison treu bleibt. Kontrast ist alles, deshalb dürfen sich – wohlgemerkt makellos gepflegte – Dr. Martens für Herren auch im Büro sehen lassen. Damen greifen im Arbeitsalltag eher zur edlen 3-Loch Variante.
Im Freizeitbereich hingegen sind den Outfitideen keinerlei Grenzen gesetzt – so wie es sich für überzeugte Träger gehört.
Zum kurzen Jeansrock oder einem Modell in Lederoptik passen die Übergrößen Boots ebenso gut wie zu den Lieblingsjeans. Sie runden einen durch und durch rockigen Stil mit legerem Charme ab.
Eleganteren Kombinationen verleihen sie hingegen diesen unvergleichlichen Hauch der Extravaganz. Sie sind sportlich – aber nicht nur. Damit stellen sie eine abwechslungsreiche Alternative zu Sneakers dar, wenn es mal etwas mehr sein darf.
Den schlichtesten Casualstyle werten sie mit ihrem Charisma auf und lassen das Outfit auf ungezwungene Weise durchgestylt wirken.
Dr. Martens Boots: nach dem 55. Geburtstag immer noch hip
Im Jahre 2003 erlebten die kultigen Schuhe ein großes Revival. Zahlreiche renommierte Designer brachten ihre Interpretation der Dr. Martens Damen- und Herrenschuhe heraus und ehrten damit das Renommee der international beliebten Marke.